Rund 43,5 Millionen investiert das Land Rheinland-Pfalz in das neue Labor- und Bürogebäude für die Kernchemie mit dem Forschungsreaktor TRIGA Mainz an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Nach 16 Monaten Bauzeit wurde im November Richtfest gefeiert. In dem zweigeschossigen Forschungs- und Lehrgebäude für über 100 WissenschaftlerInnen entstehen auf etwa 2.000 m² hochtechnisierte Labore für die Arbeit mit radioaktiven Isotopen, Mess- und Auswertungsräume, Werkstätten, Seminarräume und Büros sowie ein unterirdischer Verbindungstunnel zum Forschungsreaktor. Gerne nehmen wir den Meilenstein des Projektes zum Anlass mit dem Projektleiter der Alpha IC GmbH, Herrn Daniel Genzler, zu sprechen:


 1.     Daniel, welche Aufgabe hat die Alpha IC bei dem JGU-Projekt und wann habt Ihr mit den ersten Arbeiten begonnen?

Unser Unternehmen ist verantwortlich für das Inbetriebnahmemanagement des Neubaus der Kernchemie als Bestandteil der Liegenschaft der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Die geforderten Leistungen sind stark an das AHO Heft Nr.19 und an die VDI 6039 gebunden. Begonnen haben wir im März 2017 mit Beginn der Planungsleistungen zur HU-Bau (Haushaltsunterlage Bau) und somit mit Beginn der Leistungsphase 3 nach HOAI.


2.     Bei dem Thema IBM könnte man annehmen, dass Ihr erst kurz vor der Fertigstellung gefragt seid?
Warum ist es so wichtig, bereits ab einer frühen Leistungsphase an Bord zu sein?

Diesen Trugschluss haben viele Bauherren. Es ist zwar richtig, dass die Inbetriebnahmephase den Zeitraum von der mechanischen Baufertigstellung in den Betrieb beschreibt. Diese muss jedoch über die Gesamtprojektlaufzeit vorbereitet und in einer frühen Phase geplant werden. Deshalb empfehle ich eine Beauftragung spätestens mit der erstmaligen Übergabe der Entwurfsplanung an den Bauherren. Folglich sind wir sehr froh, bei diesem Bauvorhaben so früh an Bord sein zu können.

Durch unsere Tätigkeit wird der Gesamtprozess zur geregelten Inbetriebnahme einer Liegenschaft fest im Projekt verankert. Daran können sich das Planer-Team als auch die ausführenden Gewerke orientieren. Auf dieser Basis können (Sonder-) Leistungen für die Beteiligten beschrieben und vertraglich vereinbart werden. Spätere Nachträge und somit Mehrkosten für den Bauherren werden dadurch minimiert. In der Regel fließen die Ergebnisse in alle Planungsphasen ein. Hierbei handelt es sich schwerpunktmäßig um Projektmanagementleistungen, um die vielen Unwegsamkeiten während der Baurealisierungsphase zu lösen und somit dem zukünftigen Nutzer ein funktionierendes Gebäude übergeben zu können.

Als Beispiel ist die Beisteuerung VOB-konformer LV-Textbausteine zu benennen, die auf die Mitwirkung der ausführenden Gewerkenehmer bei der Inbetriebnahme eingehen und somit Kalkulierbarkeit und Budgetsicherheit gewährleisten. Erfolgt die Beauftragung des IBM erst in der Leistungsphase 8, dann wäre nur noch Reagieren statt Planen und Agieren möglich. Und dies geht in der Regel einher mit Zeitverzögerungen und Kostensteigerungen.


3.     Wann beginnt für Dich und das Team jetzt nach dem Richtfest die „heiße“ praktische Phase des IBM?

Wenn man die "heiße Phase" als Zeitraum für die örtlichen Abnahmen, den Probebetrieb, die Leistungsmessungen sowie die Anlagenparametrierung meint, dann wird diese Ende 2022 beginnen und sich bis in den November 2023 ziehen. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung haben wir uns eine große Souveränität erarbeitet, die aber auch notwendig ist, um in der sehr ereignisreichen Endphase den Überblick zu behalten und beruhigend und moderierend auf die Beteiligten zu wirken.

In dieser heißen Phase werden vermehrt Vor-Ort-Termine erforderlich. Der Bedarf steigt von einmal monatlich auf bis zu fünf Tage die Woche an und stellt damit den höchsten Ressourcenbedarf im Projektablauf dar.

 

4.     Was sind die Vorteile eines gewerkeübergreifenden Probebetriebs?

Bei den klassischen Bauprojekten erfolgen in der Regel Einzelgewerkeabnahmen durch die Fachbauleiter. Der Prozess ist schlank organisiert und vieles (z. B. Leistungsmessung von technischen Anlagen) wird nur durch die Errichterfirmen nachgewiesen jedoch nicht qualitätssichernd begleitet. Und genau da setzen wir als Alpha IC an. Als Steuerungswerkzeug wird u. a. eine sogenannte Gewerkebeziehungsmatrix erstellt und fest im Projekt verankert. Diese beschreibt die Abhängigkeiten von unterschiedlichen technischen Gewerken zueinander. Es ist nur logisch, dass z. B. eine Lüftungsanlage (KG 430) ohne elektrische Energie (KG 440) oder die notwendige Steuerung/Regelung (KG 480) nicht funktioniert und somit auch im Einzelnen weder Funktionen noch Qualitäten geprüft werden können. Komplexer wird es im Besonderen, wenn brandschutztechnische Anforderungen und Evakuierungspläne ins Spiel kommen. Hierbei sind u. a. auch die bautechnischen Gewerke der KG 300 gemäß DIN 276 einzubeziehen.

Unser Job ist es, alle unterschiedlichen Gewerkenehmer übergreifend zu koordinieren und somit die funktionellen Abhängigkeiten zu sichern. Der große Vorteil für den Bauherren liegt darin, dass er in der Regel eine Vielzahl an Mängeln in der Funktion von Anlagen dank dieses Vorgehens frühzeitig herausfinden kann. Damit ermöglichen wir, die Schwachstellen rechtzeitig zu beheben und nicht in die Nutzungs- und Betriebsphase des Gebäudes zu verlagern.

Das Feedback unserer Kunden ist durchweg sehr positiv. Denn mit Hilfe der von uns etablierten gewerkeübergreifenden Funktionsprüfungen und der Durchführung eines übergeordneten Probebetriebs können funktionale Mängel überhaupt erst vor der Abnahme erkannt werden. Auf diese Weise kann die Behebung dieser Mängel durch die Fachfirmen strikter eingefordert werden, als wenn diese erst im Betrieb, also nach der Abnahme, angemahnt werden. Damit steigt natürlich auch die Zufriedenheit der Nutzer.


5. Rund 43,5 Millionen Euro investiert das Land Rheinland-Pfalz in das neue Labor- und Bürogebäude für die Kernchemie mit dem Forschungsreaktor TRIGA Mainz, was ist für Dich das Besondere an diesem Projekt und dem IBM?

Die technische Komplexität in Verbindung mit der technischen Projektsteuerung und somit der Verantwortung, das Zusammenwirken aller technischen Anlagen mit dem Gebäude in Einklang zu bringen, macht für mich den besonderen Reiz aus.

Öffentliche Bauprojekte sind oftmals vergaberechtlich sehr komplex. Auch im Fall der JGU galt es, die Mitwirkung von Errichterfirmen vergabekonform zu vergeben. Es liegt auf der Hand, dass es dabei nicht ausreicht, eine Pauschalpreis-Position in einem Leistungsverzeichnis zu formulieren. Vielmehr gilt es, die Leistungsinhalte im Detail zu spezifizieren, so beispielsweise mit konkreten Angaben zu Terminen, Tätigkeiten und Dokumentationen.

Unsere „neue Rolle“ als Inbetriebnahmemanager in der Interaktion mit den Beteiligten muss so etabliert werden, dass sich niemand aus seiner Verantwortung zieht. Denn wir kompensieren nicht, sondern ergänzen vielmehr die klassischen Leistungen wirkungsvoll.

Darüberhinaus gleicht keine Anlage der anderen, und somit hat man auch keine Blaupause oder Wiederholungseffekte. All dies macht den Reiz des IBM aus. Ich freue mich, ein Teil dieses eingespielten Teams zu sein und aktiv am Projekterfolg mitwirken zu dürfen.

Danke, Daniel, für das Gespräch. Wir freuen uns auf Deinen Erfahrungsbericht nach Abschluss des Neubaus "Kernchemie" an der JGU in 2023.


Sie möchten mehr zu diesem Thema wissen:

Daniel Genzler, Senior Project Manager Alpha IC

Tel. +49 151 422 294 18 ∙ d.genzler@alpha-ic.com

  • B. Eng. Energie- und Gebäudetechnik
  • B. A. Betriebswirtschaft