Der gefma Tag Bayern 2023 (gefma = Deutscher Verband für Facility Management e. V.)  am 20. Juli 2023 hatte sich unter dem Motto "Wir betreiben Deutschland“ das Thema „ESG Transformation im Facility Management. Herausforderungen und Lösungen in der Praxis" auf die Agenda gesetzt. Der Einladung folgten gut 130 Verantwortliche der Facility Management Branche und haben sich zum persönlichen und fachlichen Austausch in der Konzernzentrale der BayWa AG in München getroffen. Zehn Speaker stellten Innovationen und Best Practices zu unterschiedlichen Aspekten des Themas, vom nachhaltigen Entsorgungsmanagement über die Energieoptimierung bis hin zur Dekarbonisierungsstrategie und ESG-konformen FM-Management für große Immobilienportfolios vor. Jede Menge praxisorientierter Input für weitergehende Gespräche und die jeweils eigene ESG-Roadmap.

Mit dabei waren Andreas Helber, Finanzvorstand der BayWa AG, Anne Tischer, Gründerin und Geschäftsführerin Karma she said GmbH und Vorsitzende FRAUEN !N FÜHRUNG (F!F) e.V., Giulia Peretti, Head of Sustainability bei der Real I.S. Group, Dennis Sawin, Gründer und Geschäftsführer der Clearago GmbH, Ralf Pilger MRICS , Geschäftsführer WISAG Facility Management Holding GmbH & Co. KG, Manuel Gerlach, Head of Sales bei der Recogizer GmbH, Wolfgang Inderwies, Geschäftsführer inde Consult GmbH, und Klaus Forster LL.M., Rechtsanwalt und Associate Partner bei Rödl & Partner, zudem beide Leiter des gefma-Arbeitskreises "Ausschreibung und Vergabe im FM", Bernard Zeidler, Leiter Facility Management für die BayWa AG und Maurice Walgenbach, Projektmanager BayWa Bautoffe, Anette Weller, Mitglied des Vorstands und CSO bei der Gegenbauer Holding, und Günter Lammering, Head of Facility Management bei der alstria office REIT-AG.

Die Zeit zwischen den Impulsen bis zum Ausklang nutzten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer intensiv für Gespräche und Networking. Die Lounge und Junior Lounge-Leiter Bayern, die den Fachtag vorbereitet hatten, zogen am Abend ein positives Fazit: „Ein toller Tag mit innovativen Impulsen, fruchtbaren Gesprächen, neuen Kontakten und vielen neuen Aspekten in einer beeindruckenden Location. Ein gefma Tag ist Wissenstransfer und Motivationsschub. Wenn wir miteinander arbeiten und voneinander lernen, können wir mit den Hebeln, die uns zur Verfügung stehen, die notwendige Transformation der Branche nicht nur mittragen sondern beschleunigen“, so Sebastian Hölzlein, Geschäftsführer der Alpha IC GmbH, und Bernd Obermaier, Leiter Facility Management der Lisa Dräxlmaier GmbH. Das diesjährige Event wurden von den Firmen Recogizer, Spie, Wisag, Caverion, Clearago und Gegenbauer gesponsert.

Im Rahmen der Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurde Wolfgang Inderwies, Geschäftsführer von IndeConsult, als Lounge Leiter Bayern-München verabschiedet. Seit 2006 habe er mit 66 Veranstaltungen, vielen Ideen und neuen Netzwerken den Verband gefma unterstützt, so Annelie Casper, stellvertretende Geschäftsführerin der gefma e. V. Seine Nachfolge tritt Peter Hartmann, Leiter Vertrieb der Wisag Facility Management Bayern GmbH, an.

Andreas Helber, Finanzvorstand der BayWa AG, stellte in seiner Präsentation „100 Jahre BayWa – 100 Jahre Nachhaltigkeit“ heraus, dass die BayWa AG als international tätiges Unternehmen mit einer Agrarsparte, die knapp 60% der Geschäftstätigkeit ausmache, quasi per se nachhaltig sei und den Klimawandel sozusagen am eigenen Leib erfahre. Deshalb habe die Nachhaltigkeitsstrategie Priorität. „Aber es muss eine profitable Nachhaltigkeit werden“, betonte Andreas Helber, weshalb die BayWa AG ein internes Carbon Pricing Modell eingeführt habe.



Die Frau mit der „Mission , unsere Arbeitswelt offener und menschlicher zu machen“, fokussierte sich in ihrer Keynote für den gefma Tag Bayern 2023 auf das „S für Social“ in ESG. Anne Tischer, Geschäftsführerin von Karma She Said und Vorsitzende Frauen !n Führung e. V., skizzierte eine Welt im Wandel. Ob gesellschaftlich, demografisch, klimatisch, technologisch oder auf die Krisen in der Welt bezogen, der Transformationsdruck auf Unternehmen steige ständig. Anhand zahlreicher Studien zeigte sie auf, dass eine positive wertschätzende Unternehmenskultur, Gleichberechtigung, Weiterbildung und Diversität nicht nur die Top-S-Kriterien der heutigen Jobsuchenden darstellen, sondern vor allem Erfolgstreiber sind: „Die Wahrscheinlichkeit für den wirtschaftlichen Erfolgs eines Unternehmens steigt laut einer McKinsey-Studie um 25 % bzw. 36 %, wenn es Diversität nach Geschlechtern und Ethnien gibt“, so die Referentin. In diesem Sinne gab Anne Tischer den Branchenvertreterinnen und Branchenvertretern vier Empfehlungen mit:

  • Perspektivenvielfalt in Belegschaft und Teams zu fördern
  • Existierende Geschlechterklischees und Stereotype zu hinterfragen
  • Neue Dinge auszuprobieren und zu lernen
  • Ein neues Führungsverständnis zu entwickeln

Ihre Botschaft kam offensichtlich an, denn im Rahmen des Abschlusses der Veranstaltung konnte die bis dahin ausschließlich männlich besetzte gefma Lounge Leitung Bayern mit Julia Werner, Geschäftsführerin von Werner Companies GmbH, weibliche Verstärkung vermelden.


Giulia Peretti, Head of Sustainability, skizzierte in ihrem Beitrag die Dekarbonisierung des eigenen Immobilienbestands als Teil der Real I.S. ESG-Strategie mit dem Ziel einer Klimaneutralität bzw. -konformität mit dem 1,5° Dekarbonisierungspfad. Auf der Basis einer Status Quo Analyse wurden Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsperformance entwickelt, wie zum Beispiel Mobilitätskonzepte, Green Leases, Smart Meter. Ein besonders beeindruckendes Projektbeispiel für die Zuhörerinnen und Zuhörer: 40 % Wärmeeinsparung und 60 % Stromeinsparung durch Smart Data Technologie bei einer 2021 fertig gestellten Büroimmobilie. Als besonders wichtig erachtet Giulia Peretti für eine erfolgreiche ESG-Transformation eine enge und gute Zusammenarbeit von Asset, Property und Facility Managern. Die Real I. S. wünscht sich vom Personal vor Ort proaktives und initiatives Handeln hinsichtlich Energiesparmaßnahmen und der energetischen Verbesserung der Immobilien. Auf die Frage, wie man die Investoren von der eigenen ESG-Strategie überzeugt habe, antwortete die gebürtige Italienerin, dass erstens viele der ESG-Maßnahmen aufgrund der Regulatorik sowieso umgesetzt werden müssten, zudem hätten zahlreiche Untersuchungen bestätigt, dass die Wertschöpfung mit nachhaltigen Immobilien steige (bis zu 6 % höhere Mieten) und nicht zuletzt würden die notwendigen Investitionen zeitversetzt auf die einzelnen Immobilien umgesetzt.


Ralf Pilger, Geschäftsführer der WISAG Facility Management Holding GmbH & Co. KG, nahm seine Zuhörerschaft mit auf den Weg vom klassischen Energiemanagement zum Paris konformen Immobilienbestand. Sein Credo: „Das Fundament für eine nachhaltige Immobilie sind Daten.“ In diesem Zusammenhang warf er die Frage auf, ob der FM-Bereich vielleicht auch mehr Datenanalysten brauche. Als Dienstleister habe man die große Chance, Benchmarks zu bilden. Herausforderung hierbei sei, die zielführende Aufbereitung der Daten. Die Wisag nutze das wenode Ökosystem, um in den Bereichen Zählermanagement, Energiemonitoring und Klimaimpact auf der Basis der Betriebsdaten notwendige Maßnahmen abzuleiten. Insgesamt brauche es in dem allgemeinen Dschungel aus Gesetzen und Richtlinien Unterstützung.


In der anschließenden Diskussion brachte es Günter Lammering, Head of Facility Management der alstria office REIT-AG auf den Punkt: „Der Branche fehlt ein einheitliches Datenmodell, das den API-Schnittstellen gestützten Austausch von numerischen Daten unterstützt.“  Wie sein Unternehmen diese Herausforderung löst, skizzierte Günter Lammering in seiner Präsentation „Änderungen der Immobilienstrategie in den letzten zehn Jahren und aktuelle ESG-Projekte im Facility Management“. Bereits seit 2010 veröffentlicht die alstria als börsennotiertes Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht. Die Strategie der REIT-AG ist es, Immobilien länger im Bestand zu halten und dafür z. T. umfangreich zu sanieren. Dafür benötigte man Daten. Nach der Implementierung einer eigenen FM-Abteilung wurden dafür Schritt für Schritt Prozesse sowohl für Neubauten als auch für Bestandsimmobilien etabliert. Auf diese Weise wurde der gesamte Anlagenbestand in Zusammenarbeit mit einem externen FM-Berater, der auch als Auditor fungiert, erfasst und strukturiert und kontinuierlich gemonitort. Im Anschluss wurde ein strukturiertes Energie- und Zählermanagement implementiert, das final in eine Energiemanagement-Plattform (Power-BI) überführt wird und so die Bewertung des CRREM-Dekarbonisierungspfades je Liegenschaft ermöglicht.



Dennis Sawin, Co-Gründer und Geschäftsführer der Clearago GmbH, hat mit seinem Partner Ritesh Mantavi die als „digitaler Nachzügler“ bezeichnete Entsorgungsbranche mithilfe Digitalisierung und neuer Technologien revolutioniert. In seinem Vortrag zeigte er die fünf Schritte vom Status Quo zum nachhaltigen Entsorgungsmanagement auf. Ziel des 2017 gegründeten Unternehmens mit Sitz in Berlin war nicht nur die Etablierung transparenter und effizienter Prozesse, um Kosten zu sparen, sondern die Implementierung eines aktiven Controllings, um Optimierungsmaßnahmen Richtung Zero Waste und die Einhaltung von ESG und Compliance zu ermöglichen. Besonders interessant für die Zuhörerinnen und Zuhörer waren die Praxisbeispiele aus unterschiedlichen Bereichen, wie Bau und Hotellerie. Optimierungsquellen waren hier zum Beispiel Füllgrade von Containern, Abholrhythmen, Abfalltrennung oder auch die Optimierung der Dienstleister. Bei laufenden Pilotprojekten im Immobilienbereich geht es aktuell um ein Benchmarking zwischen unterschiedlichen Klinikstandorten oder um ein portfolioweites ESG-Reporting im Hinblick auf das Abfallmanagement.


Auch Manuel Gerlach hebt mit seinem Unternehmen, der Recogizer GmbH, für die er als Head of Sales tätig ist, Optimierungspotentiale im Gebäudebetrieb mittels Digitalisierung bzw. KI. Ausgehend von dem Fakt, dass 97 % des Gebäudebestands nicht effizient genug sind, um die definierten Klimaziele zu erreichen, konnte er anhand von Praxisbeispielen bei Bürogebäuden zeigen, dass bei Gebäuden mit Gebäudeautomation 30 % CO2-Reduktion zu erreichen sind und bei Gebäuden ohne Gebäudeautomation eine 15 %-ige CO2-Reduktion. Die prädikative Cloudlösung schafft Kostenreduktionen von 20 %, die dann wieder für Investitionen in den Gebäudebestand genutzt werden können. Bereits ohne Capex-Investition können bis zu 30 % Energie und CO2 eingespart werden. Wichtig für die Diskussionsteilnehmer war die Info, dass die Kosten voll umlagefähig sind.


Klaus Forster, Rechtsanwalt und Associate Partner bei Rödl & Partner, und Wolfgang Inderwies, freiberuflicher Berater mit Schwerpunkt FM, leiten gemeinsam den bundesweiten gefma-Arbeitskreis „Ausschreibung und Vergabe im FM“. Sie berichteten zu „gefma Branchenstandards zum Betreiben im Spiegel der Nachhaltigkeit: Mustervertrag (gefma 510) und Leistungsbeschreibung (gefma 520)“. Der Mustervertrag sei eines der bei FM-Ausschreibungen am häufigsten verwendeten Vertragsmuster. Dazu würden in vielen Ausschreibungen Teile aus gefma 510 verwendet. Die Verlässlichkeit der gefma Unterlagen zeige sich auch darin, dass es in den letzten Jahren keinerlei Streitigkeiten um Formulierungen aus diesen Vorlagen gegeben habe. Wesentliche Neuerungen des 2023 aktualisiert erschienenen Mustervertrags und des dazugehörigen Leitfadens sind u. a. die Verankerung von ESG bereits beim Vertragsgegenstand, ein ESG-konformes Berichtswesen und die Aufnahme einer Qualitätssicherung.


Anette Weller, Mitglied des Vorstands (CSO) der Gegenbauer Holding, berichtete über „ESG als Treiber von Kulturwandel für operative FM-Unternehmen.“ Dabei stellte sie heraus, dass die Glaubwürdigkeit einer Unternehmenskultur sich im täglichen Handeln widerspiegele, ob ich mich also bewusst entscheide, soziale Faktoren in einer FM-Ausschreibung reinzunehmen oder rauszulassen. Dabei zeigte sich Anette Weller überzeugt, dass die Wirkung einer offenen und von Nachhaltigkeit geprägten Unternehmenskultur viel stärker sei, wenn die Unternehmensleitung von oben her vorangeht. Es brauche deshalb einen enormen Wissenstransfer angefangen bei der Regulatorik über Kunden, Zertifizierungen und Vieles mehr. Sie berichtete von vielen wertvollen Workshops, in denen sie mit einem Team diese Themen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verständlich und greifbar vermittelt habe. Dabei wurde ein Konzept implementiert, das eine Gesprächs- und Kommunikationskultur etabliert, die zu mehr Verständnis führt, wie der jeweils andere tickt. Gibt es in der Folge weniger Konflikte, amortisiert sich der Aufwand leicht. FM und Unternehmenskultur beflügeln sich täglich gegenseitig, so ihre Erfahrung. In diesem Sinne sei eine solcher gefma Tag elementar wichtig, um Wissen und Austausch zu ermöglichen und zu vertiefen.

Mehr Informationen zu den Angeboten des Verbands gefma und den gefma Lounges: www.gefma.de

Anfragen für die Lounge Bayern-Nürnberg mit ihrem Lounge-Leiter Sebastian Hölzlein, geschäftsführender Gesellschafter der Alpha IC GmbH: gefma@alpha-ic.com