Am 13. November 2024 fand die Veranstaltung „Betreiberverantwortung in der Praxis“ von Rödl & Partner in den Räumlichkeiten der Nürnberger Versicherung statt. Die Veranstaltung wurde durch die Masterarbeit von Philipp Stuiber (M.A. Facility Management, gefma-Nachhaltigkeitsauditor und Leiter der gefma Junior Lounge Nordbayern) thematisch gerahmt.

Philipp Stuiber bewertete in seiner Arbeit den Rödl & Partner Campus in Nürnberg anhand der Kriterien der gefma-160-Richtlinie und richtete den Fokus dabei auf die Dringlichkeit von Nachhaltigkeit und den ernsthaften Umgang mit dem Klimawandel. Die vier Schwerpunktthemen „Energiemanagement“, „Ressourceneinsparung“, „Rechtskonformität“ und „Nachhaltigkeitsstrategie“ bildeten den Rahmen für die Impulsvorträge der Referent:Innen, die den Teilnehmenden Einblicke, Lösungsansätze und Herausforderungen aus der Praxis näher brachten.

Kernthema 1: Energiemanagement

Matthias Klingert, Head of HVAC bei der NÜRNBERGER Versicherung, stellte uns den Business Tower Nürnberg (BTN) vor. Der Bau begann 1998 und wurde 2000 abgeschlossen. Seitdem wurden kontinuierlich zahlreiche Modernisierungen und Verbesserungen umgesetzt. Hier lag der Fokus auf der Optimierung des Energiemanagements. Zielsetzung ist eine Reduzierung des Energieverbrauchs im Betrieb eines Gebäudes, ohne aber dessen Nutzung zu beschneiden - die Maßnahmen sollten nicht zu Lasten des Komforts oder der Funktionalität des Gebäudes fallen. Die Nürnberger Versicherung hat eine Reihe von Maßnahmen zur Energieoptimierung ergriffen, die verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit und Effizienz in ihrem Betrieb betreffen. Die folgenden Aspekte wurden von Sebastian Gose, Projektmanager, als wesentliche Handlungsfelder im Bereich der Energieoptimierung näher erläutert.

Förderung der Elektromobilität

Die Elektromobilität wurde aktiv vorangetrieben, indem die Installation von 30 Ladepunkten in Wandmontage sowie die Installation von EVU-Zählern erfolgt ist. Diese Ladepunkte ermöglichen es Mitarbeitern und Besuchern, ihre Elektrofahrzeuge vor Ort aufzuladen.

Installation von Photovoltaikanlagen

Auf dem Dach der Generaldirektion wurden Photovoltaikanlagen installiert, um den eigenen Strombedarf teilweise durch selbst erzeugte Energie zu decken. Das Ziel dieser Anlagen ist es, eine maximale Eigenstromerzeugung von 8 % zu erreichen, gleichzeitig die laufenden Kosten für den externen Strombezug zu senken und darüber hinaus die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Die Nürnberger Versicherung hat dabei von niedrigen Investitionskosten profitiert, da die Planung, Finanzierung und Installation der Anlagen durch Partner wie die N-ERGIE übernommen wird. Zudem stellt die Nürnberger Versicherung die Dachflächen zur Verfügung und verpachtet diese unentgeltlich. Vor der Installation der Photovoltaikanlagen wurden zudem mehrere Gutachten eingeholt, die sich unter anderem damit befasst haben, welche möglichen Auswirkungen die Anlagen auf ihre Umgebung haben, beispielsweise die Ablenkung von Mitarbeitern, die Abschattung von Fenstern oder möglichen Spiegelungen untersucht, die durch die PV-Anlagen ausgelöst werden können.

Optimierung der Gebäudeautomation und Gebäudeleittechnik

Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Energieoptimierung war die Sanierung und Optimierung der Gebäudeautomation (GA). Diese sorgt für die automatische Steuerung und Optimierung der technischen Gebäudeausrüstung, wie etwa Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Energieversorgungssysteme. Mit der Gebäudeleittechnik (GLT) wurde eine zentrale Softwarelösung implementiert, die eine gebündelte Überwachung und Steuerung dieser Systeme ermöglicht. Im 2. Quartal 2020 haben einzelne Hersteller bereits die Abkündigung ihrer Produkte angekündigt, da Ersatzteile teilweise nicht mehr produziert werden. Daher ist ein Wechsel der Systeme notwendig. Durch die Sanierung älterer Teile des Business Tower Nürnberg konnten Ersatzteile, für die noch nicht sanierten Anlagen genutzt werden. Der vorhandene Altbestand an Ersatzteilen wird jedoch langsam aufgebraucht. Üblicherweise erfolgt eine Gesamtsanierung nach etwa 20 Jahren. Das Ziel ist, die notwendigen Maßnahmen bis zum 2. Quartal 2027 abzuschließen.

Stromeinsparungen durch kontinuierliche Optimierungen

Die Nürnberger Versicherung hat den Stromverbrauch in den letzten Jahren kontinuierlich gesenkt, indem verschiedene Effizienzmaßnahmen umgesetzt wurden. Exemplarisch ist hierfür die Optimierung der Gebäudeautomation im Jahr 2007 zu sehen, die zu einer Reduzierung des Stromverbrauchs um 2 Millionen kWh führte. Weitere Maßnahmen wie die Erneuerung der Kälteerzeugung und Anpassungen im Zuge der Corona-Pandemie (z. B. vermehrtes mobiles Arbeiten) trugen ebenfalls zur Einsparung bei. So konnte der Stromverbrauch der gesamten Liegenschaft von 11,5 Millionen kWh im Jahr 2006 auf 6,1 Millionen kWh im Jahr 2022 gesenkt werden. Zur weiteren Reduzierung der Energiekosten setzt die Nürnberger Versicherung auf eine Tranchenbeschaffung von Strom. Diese Strategie hilft, das Preisrisiko zu verringern und sorgt für eine transparente Preiszusammensetzung. Jedoch erfordert diese Vorgehensweise auch ein hohes Maß an Fachwissen und erhöht den administrativen Aufwand, um eine effiziente Strombeschaffung und -nutzung sicherzustellen.

Fernauslesung von Zählern: Innovative Lösungen zur Effizienzsteigerung

Die N-ERGIE Immobilien GmbH hatte Schwierigkeiten bei Zählern, die in Wasserschächten verbaut waren und demzufolge häufig mit Wasser vollliefen und Störungen bei der Funk- und Datenübertragung verursachten. Eine Lösung stellten uns Patrick Horlamus, Leiter HKLS, und sein Team vor. Außerdem gelang durch die Einführung der Fernauslesung ab 2021 die Optimierung der Wärmezähler. Ab 2024 wurden Hauswasserzähler mit der neuen Funktechnologie „myoti“ eingeführt. Das Funknetz umfasst 30 Empfangsstationen. Mit der Fernauslesung können nun Alarmmeldungen wie Leckagen, Luft in den Leitungen, unterdimensionierte Zähler, Manipulationen und Frostalarme erfasst werden, die früher nicht möglich waren, da die Zähler nicht überwacht, sondern nur einmal im Jahr händisch ausgelesen wurden. Positiver Nebeneffekt: Der Aufwand für die eigenen Mitarbeiter wird erheblich reduziert und es sind keine manuellen Ablesungen und Meldungen der Zählerstände mehr erforderlich.

Kernthema 2: Ressourceneinsparung

Im Rahmen von FutureWork:N setzt die Nürnberger Versicherung innovative Maßnahmen im Flächenmanagement zur Ressourceneinsparung um. Durch eine gezielte Neugestaltung der Arbeitswelten mit einem Fokus auf die Wechselwirkungen zwischen Mensch, Arbeitsumfeld und Methode wurde die Bürofläche effizienter genutzt. Die Einführung von Activity-Based Working ermöglicht es den Mitarbeitenden, je nach Tätigkeit flexibel zwischen verschiedenen Funktionsbereichen zu wählen – sei es für konzentriertes Arbeiten, Kommunikation, Zusammenarbeit oder Rückzug. Während einer Führung durch das Gebäude konnten wir die einzelnen Funktionsbereiche genauer betrachten und erleben. Ergänzt wird die Transformation durch mobiles Arbeiten, das von 60 % der Belegschaft genutzt wird, und eine hybridfähige Ausstattung, die zu 100 % umgesetzt wurde. Diese agile Transformation führte insgesamt zu einer Reduktion der Büroflächen um 36 %. Die Kombination aus funktionaler Flächennutzung und flexiblen Arbeitsmethoden schafft somit nicht nur eine moderne Arbeitsumgebung, sondern trägt auch maßgeblich zur Ressourcenschonung bei. Wenn auch Sie Ihre Arbeitswelten effizient und zukunftsfähig gestalten möchten, erfahren Sie hier mehr über unsere Leistungen.

Kernthema 3: Rechtskonformität

Ulrich Glauche, Associate Partner von Rödl & Partner, und Stefanie Weißbeck, Rechtsanwältin bei Rödl & Partner, betonten, dass zur Sicherstellung der Rechtskonformität der Facility Services die Implementierung eines entsprechenden Standards notwendig sei. Dies gestaltet sich jedoch herausfordernd, da allein im Zeitraum von November 2023 bis November 2024 rund 60 Änderungen in unterschiedlichsten Regelwerken berücksichtigt werden mussten. Die Nutzung eines Informationssystems wie beispielsweise REG-IS von Rödl & Partner kann hierbei unterstützen, indem es rechtlich-technisches Fachwissen zu den in Deutschland geltenden Regelwerken für das Facility Management bereitstellt und unter anderem Anforderungen an wiederkehrende Prüfleistungen zusammenfasst.

Kernthema 4: Nachhaltigkeitsstrategie

Engelbert Tietz, Technischer Leiter bei KUKA, präsentierte die Nachhaltigkeitsstrategie „Nachhaltigkeit@KUKA“. Ziel dieser Initiative ist es, bis 2030 eine 40-prozentige CO₂-Einsparung zu erreichen, moderne Arbeitswelten zu schaffen und die Lieferketten stärker zu überwachen. Zu den zentralen Maßnahmen, die an alle 100 Standorte in 50 Ländern kommuniziert wurde, zählen die Elektrifizierung des Fuhrparks mit einem Ziel von 100 % bis 2030 sowie der Bezug von Strom aus Photovoltaikanlagen. Aktuell sind bereits 30 % der Fahrzeugflotte elektrifiziert, Mitarbeitende werden sensibilisiert und sowohl Neu- als auch Bestandsgebäude werden gemäß dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) ausgerichtet.

Das vorangegangene Beispiel der Nürnberger Versicherung verdeutlicht eindrucksvoll, wie Energiemanagement und Gebäudeautomation gemeinsam eine nachhaltige Zukunft im Gebäudebetrieb gestalten können. Durch die Einführung von Photovoltaikanlagen, Elektromobilitätslösungen und kontinuierliche Optimierungen der Gebäudeautomation konnte der Energieverbrauch signifikant gesenkt und die CO₂-Emissionen verringert werden. Diese Initiativen zeigen nicht nur, wie durch technische Innovationen wie der Fernauslesung von Zählern und der Nutzung von Myoti-Technologie Effizienzsteigerungen erzielt werden können, sondern auch, wie wichtig es ist, rechtliche Vorgaben zu erfüllen und in eine zukunftsfähige Infrastruktur zu investieren.

Das gleichzeitige Umsetzen von Ressourcenschonungsmaßnahmen durch innovative Arbeitsmethoden, wie Activity-Based Working und flexible Büroflächen, unterstreicht den nachhaltigen Ansatz, den die Nürnberger Versicherung verfolgt. Diese Maßnahmen ermöglichen eine effiziente Nutzung von Raum und Ressourcen und tragen zur langfristigen Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks bei.

Die Herausforderungen, wie die Sanierung veralteter Gebäudeautomation oder die Einhaltung der sich ständig ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen, zeigen jedoch, dass nachhaltiges Gebäudemanagement ein kontinuierlicher Prozess ist, der Fachwissen und Ressourcen erfordert. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen auf innovative Lösungen und rechtlich-technische Unterstützung zurückgreifen, um ihre Nachhaltigkeitsziele effizient umzusetzen. Die Nürnberger Versicherung sowie Unternehmen wie KUKA, die mit ihrer „Nachhaltigkeit@KUKA“-Strategie ein klares Ziel für die CO₂-Reduktion und die Elektrifizierung ihres Fuhrparks gesetzt haben, zeigen, dass mit der richtigen Strategie und der Einhaltung von Rechtsvorgaben eine erfolgreiche und nachhaltige Zukunft im Gebäudebetrieb möglich ist.